WIE WIR DIE WELT RETTEN WOLLTEN UND DABEI AUS VERSEHEN DAS BERNSTEINZIMMER FANDEN

Titel: Wie wir die Welt retten wollten und dabei aus Versehen das Bernsteinzimmer fanden
Autorin: Anni E. Lindner
Thema: Umweltschutz, Kunstraub während der Nazizeit
empfohlenes Lesealter: ab 9 Jahre

🐚 Inhalt:
Man erkennt es bereits am Cover: Hier agiert eine ganze Kinderbande. Eigentlich sind es die Geschwister Himmelweit. Emmi, die Ich-Erzählerin ist 12, ihre Schwester Sofi ist 16 (und hat schon einen Freund), Sam ist 14, Jo ist 10, Hummel ist 7 und die kleine Lany ist 5. Und dann gibt es noch den Familienhund Bella. Und natürlich Mama, die halbtags arbeitet und sich um Haushalt, Hof und Kinder kümmert, und Papa, der als Medieninformatiker sogar Computerspiele programmieren kann.
Ziemlich traditionelle Rollenverteilung also, auch ist es eine sehr christliche Familie (es wird viel gebetet). Dennoch sind die Himmelweits durchaus moderne Eltern, wie man sie jedem Kind nur wünschen kann, denn die beiden lassen ihrem Nachwuchs viel Freiheit, setzen auf Vertrauen und mischen sich nicht in Geheimnisse ein. Und Geheimnisse gibt es zu Ferienbeginn genug. 
Dabei fängt alles ganz harmlos an.

Eigentlich möchte Emmi nur eine Petition starten, um zu erwirken, dass die Lebensmittel nicht mehr in so viel Plastik verpackt werden. Doch das mit der Unterschriftenliste stellt sich als größere Herausforderung dar als gedacht. Der Erste, der Emmi die Tür öffnet, ist nämlich ausgerechnet ihr heimlicher Schwarm Luka (der dann natürlich noch eine größere Rolle spielen wird). Währenddessen werden ihre Brüder, die vor dem Supermarkt auf die Petition aufmerksam machen, gleich mal vom Marktleiter vertrieben. Und das aus gutem Grund, denn der Mann hat ganz schön viel Dreck am Stecken, wie sich noch herausstellen wird.

Und so führt das eine zum anderen. Zum Beispiel dazu, dass Bella angefahren wird. Oder auch dazu, dass Jo in den Teich fällt – denn auch bei den Himmelweits wird natürlich gestritten und geschubst. Und in eben diesem Teich stößt Emmis Bruder gegen eine seltsame Kiste. Ob sie einen Schatz enthält? Und was hat der griesgrämige alte Müller mit der Kiste zu tun? Ganz schön unheimlich, vor allem, als die Kinder dann noch von Schüssen erfahren, die in der Gegend einmal gehört wurden.  Aber die Geschwister sind natürlich viel zu neugierig, um locker zu lassen, und so stecken sie schon bald in großer Gefahr …

💬 Meine Meinung
Anni E. Lindner hat einen spannenden Kinderkrimi geschrieben, der vor allem durch seine liebenswerten Charaktere besticht. Als Leserin bin ich sofort in die Handlung gekippt, besonders gut fand ich die Idee, dass Emmi mich immer wieder direkt ansprach und ins Vertrauen zog (immerhin gibt sie ja so einiges preis, das wir Leser:innen natürlich niemandem verraten dürfen, schon gar nicht ihrem Schwarm Luka).
Die Sätze sind einfach aufgebaut, das Buch ist flott und mit Humor geschrieben, und auch die Probleme / Ängste der Kinder werden realitätsnah dargestellt. Die Illustrationen (nicht die modernsten, aber sehr lieb) frischen den Text zusätzlich auf, vor allem das Cover ist toll – ein großes Lob an dieser Stelle an die Grafikerin, einen so langen Titel ansprechend zu gestalten, muss man mal schaffen. 

Dennoch haben mich ein paar Dinge gestört. So heißt es zu Beginn, Sofis Freund sei für 3 Monate in Amerika, mittendrin wird aus diesen 3 Monaten aber plötzlich ein ganzes Jahr. Auch der angeblich umweltschonende Tipp, als Großfamilie das Geschirr lieber mit der Hand abzuwaschen, anstatt in den Geschirrspüler zu räumen, hat mich irritiert, denn davon raten Expert:innen nun doch schon seit einigen Jahren ab.
Vor allem aber habe ich mich gefragt, warum die Autorin nicht bei der Umweltthematik geblieben ist, anstatt – durch den Fund des Bernsteinzimmers – das doch sehr sensible Thema Nationalsozialismus aufzumachen. Zugegeben, es war genau dieser Spagat, der mich neugierig gemacht hat. Letztendlich aber werden sowohl die Ermordung derjenigen, die das Bernsteinzimmer angeliefert haben, als auch der Holocaust in nur wenigen Nebensätzen abgehandelt. Und genau hier sehe ich die Problematik des Buches. Zumal der Krimi ganz genauso spannend gewesen wäre, wenn die Kinder sich allein um die geheime Mülldeponie gekümmert hätten.

Fazit:
„Wie wir die Welt retten wollten und dabei aus Versehen das Bernsteinzimmer entdeckten“ ist kurzweilig und spannend geschrieben, sodass ich das Buch trotz meiner Einwände empfehlen möchte. Allerdings rate ich Eltern, das Buch mitzulesen, um ihre Kinder mit eventuellen Fragen nicht alleinzulassen.

Titel: Wie wir die Welt retten wollten und dabei aus Versehen das Bernsteinzimmer fanden
Autorin: Anni E. Lindner
Illustrationen: Angela Glökler
Verlag: Francke
Erscheinungsjahr: 2022
Seiten: 303
ISBN: 978-3-96362-301-1

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